Ein diplomatischer Neuanfang?
Die Kanadisch-Iranischen Beziehungen
Ein Artikel von Svenja Bode:
Am 20. Juni 2018 verabschiedete das kanadische Parlament einen Antrag der Konservativen Partei Kanadas, die Bemühungen der liberalen Regierung unter Justin Trudeau zur Wiederaufnahme von diplomatischen Beziehungen mit Iran zu stoppen – und dies nicht nur mit Stimmen der Opposition, sondern auch unter Beteiligung liberaler Abgeordneter.
Die diplomatischen Beziehungen zwischen Kanada und Iran wurden im Jahr 1956 aufgenommen, als das noch durch den Shah regierte Iran seine erste Mission in Ottawa eröffnete. 1959 folgte das kanadische Pendant in Teheran. Doch mit dem Beginn der Islamischen Revolution in Iran wurden die kanadisch-iranischen Beziehungen auf eine harte Probe gestellt, nicht zuletzt durch Kanadas Beitrag im Fall der sechs aus der US-amerikanischen Botschaft geflohenen US-Diplomaten. Die folgende, von Kanada selbstinitiierte, Schließung der Botschaft in Teheran führte zwar nicht zur offiziellen Aufgabe der diplomatischen Beziehungen der beiden Staaten, jedoch zu einer starken Abkühlung des Verhältnisses. Erst im Jahr 1988 nahmen Kanada und Iran wieder reguläre diplomatische Beziehungen auf und entsendeten im Jahr 1996 Botschafter in das jeweilige Land. Diese wurden jedoch im Laufe der Jahre besonders durch den Fall von Zahra Kazemi beeinträchtigt – eine kanadisch-iranische Fotografin, die in iranischer Haft vermutlich durch Folter und Vergewaltigung zu Tode kam. 2005 beschränkte Kanada seine Beziehungen mit Iran auf die vier Themen Menschenrechte, Irans Atomprogramm, den Fall Zahra Kazemi und Irans Rolle in der Region. Zum absoluten Bruch kam es jedoch trotzdem. 2012 brach die Harper-Regierung alle diplomatischen Beziehungen aufgrund Irans Unterstützung des Syrienkrieges, seines Atomprogramms, seiner Haltung gegenüber Israel und seines Bruchs der Wiener Konvention ab.
Nach seiner Wahl zum Premierminister versuchte Justin Trudeau 2015 die Beziehungen zwischen Kanada und Iran wieder aufleben zu lassen, welches nun erstaunlicherweise mit der Unterstützung aus seiner eigenen Partei unterbunden wurde. Die Argumente waren mannigfach.
Auf die stärkste Kritik stoßen Irans Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land, die Rolle als destabilisierender Akteur in der Region, durch beispielsweise die Finanzierung von schiitischen Kampfgruppen in Syrien und das Verhältnis zu Israel. Aber auch die belastete Geschichte der Iran-Kanada-Beziehungen wie die Inhaftierung von kanadischen StaatsbürgerInnen spielten bei der Ablehnung Trudeaus Vorhaben eine große Rolle.
Diese Frage, inwieweit ein demokratischer Staat mit nicht-demokratischen Staaten bzw. Staaten, die die fundamentalen Werte einer Demokratie nicht teilen, diplomatische Beziehungen unterhalten sollten, stellt sich nicht nur Kanada. In solchen Fällen müssen Demokratien abwägen, welche Taktik im Umgang mit nicht-demokratischen Staaten die sinnvollste ist – das Unterbrechen von diplomatischen Beziehungen, um diese Staaten unter Druck zu setzen oder eine fortdauernde diplomatische Beziehung, um im besten Falle durch Kommunikation und positive Beeinflussung negative Zustände zu verbessern. Also eben gerade das, was Diplomatie ausmacht – unter schweren Bedingungen Kommunikationskanäle offen zu halten.
Das kanadische Parlament hat sich in diesem Fall für die erste Variante entschieden. Ob dies die Menschenrechtssituation in Iran verbessern und Irans Einfluss im Syrienkrieg unterbinden wird, wird die Zukunft zeigen.
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